Ein paar grundsätzliche Gedanken über den Leeraner und seine Stadt
Autor: Carsten Tergast
Leer steht, wenn sich die ECE mit ihrem Plan, ein bis zu 60.000 qm großes Center an den Anfang der Innenstadt zu bauen, durchsetzt, vor einem der größten Umbrüche in der Stadtentwicklung. Die einen, Bürgermeister, Teile des Stadtrates, Teile der Unternehmerschaft, sagen dezidiert: Die Stadt wird gewinnen, attraktiver werden, Menschen aus dem Umland anziehen. Die anderen halten dagegen: Die Stadt übernimmt sich, die Risiken des Monsterprojektes ECE-Center werden falsch eingeschätzt bzw. ignoriert, die Stadt geht mittelfristig als Einkaufsstadt und Touristenattraktion vor die Hunde.
Was aber sagt und denkt die Mehrheit der Bürger in der Stadt? Diese Mehrheit könnte zum größten Problem beim Kampf gegen das Center werden, denn sie hat scheinbar keine Meinung. Sie ist nicht für und nicht gegen das Center, denn sie schaut nur auf sich und den eigenen Tellerrand.
Es ist jener Effekt, den wir am deutlichsten jedes Mal erkennen können, wenn Wahlen anstehen. Die Wahlbeteiligung ist seit langer Zeit im stetigen Sinkflug, die Menschen erwarten nicht mehr, dass die Politiker ihre Probleme lösen, und wenn man das deutschlandweite Rumgeeiere in der Politik, egal ob auf Bundes- oder Landesebene, egal welcher Coleur die handelnden Personen sind, sieht, kann man es den Nichtwählern noch nicht mal verdenken.
Es ist eine Mischung aus Machtlosigkeit und Interesselosigkeit hinsichtlich gesellschaftlicher Prozesse, die für solches Denken verantwortlich ist, und einen Nebeneffekt erleben wir jetzt in Leer. Obwohl die Chancen auf lokaler Ebene viel besser stehen, sich zu einem Projekt dieser Wichtigkeit zu positionieren und etwas zu verändern, zieht die schweigende Mehrheit es scheinbar vor, sich aus allem herauszuhalten. Anschließend wird dann ein wenig gemeckert, wenn man den einen oder anderen Spezialwunsch in Leer nicht mehr erfüllen kann, weil es die entsprechenden Fachgeschäfte schlicht nicht mehr gibt, aber dieser Frust vergeht ja auch wieder.
Jeder einzelne Bürger dieser Stadt, der nicht so denkt, der eine Meinung, eine Haltung hat, sei es zum aktuellen Brand-Thema ECE-Center, sei es zu anderen aktuellen oder künftigen Projekten, sei aufgerufen, seine Mitmenschen zu aktivieren. Es muss klar werden, dass der Leeraner Teil seiner Stadt ist und diese nicht ein paar verantwortungslosen und selbstvergessenen Ratsabgeordneten überlassen darf.
Die Beteiligung an der Info-Veranstaltung am 20. Januar bei Schrock-Opitz wird einen ersten Hinweis darauf geben, ob dieser Text zu pessimistisch ist oder die Wirklichkeit widerspiegelt. Und ich wäre sehr froh, wenn ersteres der Fall wäre. Manchmal irre ich mich nämlich gerne…
Tags: Bürgerverantworlichkeit, Desinteresse, ECE-Center, Wahlmüdigkeit
21. Januar 2011 at 10:03
[…] kürzlich noch, ein Hauptproblem der Diskussion “Pro/Contra”-ECE-Center in Leer sei das weitgehende Desinteresse vieler Bürger der Stadt? Nun, zumindest ein Teil der Bürger hat gestern abend den eindrucksvollen Gegenbeweis gegen diese […]