Das Mäntelchen im Wind – Oder: Wer braucht schon eine eigene Meinung
Autor: Carsten Tergast
Zugegeben: die Frage, ob man Ostfrieslandschau und Gallimarkt zeitlich parallel oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden lassen sollte, halte ich für eher marginal. Es mag für beides nachvollziehbare Argumente geben.
Und eben weil es für beides Argumente gibt, war es eigentlich auch normal, dass im Stadtrat unterschiedliche Positionen und Meinungen bestanden. Bürgermeister und der überwiegende Teil der Fraktionen waren für die Trennung, die CDU war dagegen. War. In der Abstimmung im Verwaltungsrat stimmte man nun plötzlich für die Trennung. Zu dieser überraschenden Wendung lässt Noch-Fraktionschef Walter Düngemann sich von der Ostfriesen-Zeitung mit den Worten zitieren, die CDU sei zwar weiter dagegen, aber „bei diesen Mehrheitsverhältnissen im Verwaltungsausschuss hätte es nichts gebracht, dagegen zu stimmen.“
Nun, in der Sache hat er wohl Recht, der Herr Düngemann. Eine Mehrheit für die eigene Meinung war nicht zu erwarten. Aber muss man sie deswegen öffentlich aufgeben und in den Gremien sein Mäntelchen in den Wind hängen? Welches Signal geht von solchen Äußerungen und solchem Verhalten aus? Privat hat man seine Meinung, aber öffentlich schließt man sich dann doch lieber der Mehrheit an, weil’s ja eh alles nichts bringt?
Wir kennen dieses Verhalten ja mittlerweile aus der SPD-Fraktion beim Thema ECE. Dort sind wundersamer Weise 16 Genossen gemeinschaftlich der Meinung, den Großkapitalisten Alexander Otto noch ein wenig reicher machen zu müssen, während man sich um die Sorgen eines Großteils der Leeraner Bürger einen Dreck schert. Auch da gilt: bloß nicht Flagge zeigen, lieber in der Masse der Fraktion verstecken und seine Ruhe haben.
Es scheint, der Leeraner Stadtrat hat in Teilen ein ganz grundsätzliches Problem. Nämlich eins mit demokratischen Grundsätzen. Immerhin: im September hat das Leeraner Wahlvolk die Möglichkeit zu zeigen, dass es diese Haltung nicht goutiert. Es könnte dafür sorgen, Baden-Württemberg lässt grüßen, dass den etablierten Kräften in der Stadt ein echter Denkzettel verpasst wird. Wie schnell es gehen kann, wenn sich der Protest bei einer Wahl Luft verschafft, hat das Ergebnis für Gerd Koch bei der letzten Bürgermeister-Wahl gezeigt. Wolfgang Kellner hat Kochs Atem zumindest mit einigem Abstand im Nacken gespürt. Der nächste Bürgermeister wird leider erst 2014 gewählt. Aber im September diesen Jahres wäre es schön, wenn SPD und CDU den Atem der Verfolger nicht nur im Nacken spüren würden, sondern er ihnen von vorne ins Gesicht bliese. Damit frischer Wind in die Leeraner Politik kommt.
Tags: CDU, Gallimarkt, Ostfrieslandschau, SPD, Stadtrat, Walter Düngemann
2. Mai 2011 at 20:53
Die Frage ist doch letztendlich, ob das Leeraner Wahlvolk diese Feinheiten auch wahrnimmt und dann im September entsprechend würdigt?
3. Mai 2011 at 08:14
Lieber Herr Janssen,
das ist sicher so, ja. Und genau deshalb wird es wichtig sein, die Leeraner Bürger darauf aufmerksam zu machen, dass das Thema ECE längst nicht vom Tisch ist, sondern nur vor sich hin köchelt, bis den Herren im Rat und in Hamburg die Gelegenheit günstig erscheint.
4. Mai 2011 at 18:57
Aufschlussreicher Beitrag. Bestimt keine schlechte Sache, sich mit der Thematik im detail zu beschaeftigen. Ich werde auf jeden Fall weitere Beitraege verfolgen.