Verschiebebahnhof Leeraner Politik
Sonntag, 05UTC8 5. August 2012
Update, 7.8., 19:30: Soeben distanziert sich Johann-Henning Keitel via Facebook von den Wechsel-Gerüchten. Sein Posting im Wortlaut:
„Man sollte nicht jedes Gerücht für bare Münze nehmen. Unter der Überschrift: „Fraktionsübertritt nicht ausgeschlossen“, wird der Anschein erweckt, ich plane einen Übertritt zur CDL. Sicherlich behalte ich mir diese Option auch weiter vor wenn sich Vorgänge wie in der Vergangenheit in der CDU wiederholen und keine Maßnahmen getroffen werden, ähnliches in der Zukunft ausschließen. Darauf warte ich mit großem Interesse.“
Ein Dementi ist das nicht. Eher deutet sich hier eine Fortsetzung der Machtkämpfe innerhalb der CDU an. Man darf gespannt sein, was die nähere Zukunft bringt…
Originalartikel vom 5.8.:
Irgendwann gestern Nachmittag ging das Gerücht um, Johann Henning Keitel wolle die Leeraner CDU verlassen und bei der CDL anheuern, jener CDU-Ausgründung der Beleidigten, die sich nach den Vorkommnissen rund um die Listenaufstellungen für die Kommunalwahl im letzten Jahr nicht mehr parteiintern auseinandersetzen wollten, sondern lieber gleich einen eigenen Verein aufmachten.
Heute bestätigt der SonntagsReport das Gerücht, es scheint noch nicht klar zu sein, doch wer die Diskussionen seit jenen Umwälzungen in der CDU ein wenig verfolgt hat, ist geneigt, zu glauben, dass dieser Wechsel stattfinden wird.
Forciert werden dürfte er durch die CDL, die sich damit auf vom Wähler nicht legitimiertem Weg Stimmrecht im Verwaltungsausschuss verschaffen könnte. Denn der Wähler hat die Kombination Keitel/CDU in den Rat gehieft, anderes war nicht intendiert.
Ähnliches gilt für den zweiten Umsteiger, Bonné Harms, der unter lautem Getöse die AWG-Fraktion verlässt, auf seinem Ratsmandat beharrt und mit diesem nun die SPD verstärkt, die somit immerhin einen ihrer letztjährig verlorenen Sitze auf diese seltsame Weise wieder zurück gewonnen hat. Zubilligen muss man Harms, dass der Wechsel offensichtlich nicht durch ihn selbst ausgelöst wurde, sondern durch den Rauswurf von Seiten der AWG forciert wurde. Allerdings lassen seine öffentlichen Äußerungen zum Vorgang darauf schließen, dass hier nur vollzogen wurde, was seit langem überfällig war.
Einerlei: Es kann kaum deutlicher gemacht werden, wie wenig die Entscheidung des Wählers interessiert und wie sehr die Leeraner Kommunalpolitik durch Eitelkeiten, Eigeninteressen und strategisches Geschachere bestimmt wird.
Bonné Harms betont im SR-Artikel, er sei im „Herzen immer Sozialdemokrat“ geblieben. Man fragt sich, warum er sich dann überhaupt irgendwann der AWG angeschlossen hat. Ausgerechnet jener Fraktion, die so gerne von den anderen als Schmuddelkind des Leeraner Rates angesehen wird.
Sollten sich beide Wechsel in den kommenden Tagen bestätigen, berührt das die Mehrheitsverhältnisse im Leeraner Rat und den anderen Gremien wie dem VA in nicht unerheblicher Weise. Zumal es möglicherweise andere Mitglieder des Rates gibt, die mit ähnlichen Gedanken spielen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn jemand auf die Idee kommt, diesen Fakt zu nutzen, um bestimmte Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.
Natürlich muss in einem freien Land ein spontaner Wechsel der Partei möglich sein. Es wäre jedoch gegenüber dem Wähler nur fair, wenn dieser so vollzogen würde, dass er keinerlei Einfluss auf die Zusammensetzung der durch eine Wahl demokratisch legitimierten Gremien in der Stadt hätte. Zum Verschiebebahnhof taugen diese Gremien nämlich eigentlich nicht.