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Schafft die Monarchie ab! Oder: Gedanken zur Bürgermeisterwahl
Freitag, 29UTC11 29. November 2013
Seit einiger Zeit steht fest: im Mai 2014 dürfen die Leeraner an die Urnen und sich parallel zur am gleichen Tag stattfindenden Europawahl für einen neuen Bürgermeister entscheiden.
Zumindest ist zu hoffen, dass sie sich für einen NEUEN Bürgermeister entscheiden, nachdem Amtsinhaber Wolfgang Kellner zuletzt angekündigt hat, die von der neuen Landesregierung geänderten Antrittsvoraussetzungen zu nutzen und noch einmal zu kandidieren. Kellner will, immerhin ein kleines Trostpflaster, im Falle einer Wahl nur für zwei Jahre antreten, spätestens 2016 soll es dann doch ein anderer machen.
Welche Bedeutung hat nun diese Wahl für unsere kleine Stadt? Denn eine kleine Stadt ist sie ja, trotz aller Versuche, sie zur Großstadt zu demolieren, immer noch, und aus dieser Tatsache bezieht sie einen nicht unwesentlichen Teil ihres Charmes. Die Antwort kann nur lauten: Die kommende Bürgermeisterwahl ist von entscheidender Bedeutung für Leer.
Das ist so, weil der Wähler mit seinem Kreuz auch über die Art der Amtsführung entscheidet. Wie es um eben jene bestellt ist, ließ sich unschwer aus einem jüngst erschienenen Artikel der Ostfriesen-Zeitung entnehmen, in dem darüber berichtet wurde, dass Bernd Höing, Stadtratsmitglied für die Grünen, sein Mandat im Rat zurückgibt. Grund laut OZ-Bericht: „Das ist wie in einer Monarchie. […] Demokratische Teilhabe und Mitbestimmung von Bürgern, Verwaltung und Politik ist unter dem jetzigen Bürgermeister nicht gewollt.“
Das war deutlich. Zumal es von unverdächtiger Seite kommt, über Auseinandersetzungen zwischen Höing und Kellner war bisher nichts bekannt. Ähnliche Vorwürfe gegen den Bürgermeister kursieren seit Jahren, Erfahrung mit den Umgangsformen des früheren Sozialdemokraten haben viele Menschen in der Stadt. Man macht sie immer dann, wenn man es wagt, anderer Meinung als Kellner zu sein, und noch schlimmer ist es, wird diese Meinung auch noch öffentlich geäußert. Das reizt den Monarchen, es reizt ihn so sehr, dass er kaum eine Gelegenheit auslässt, sich über potenzielle Störenfriede herzumachen, sei es, dass er sie bei offiziellen Anlässen auf Grund einer harmlosen Nachfrage als „Lügner“ bezeichnet, sei es, dass er halboffizielle Anlässe nutzt, um auch hinter dem Rücken der Betroffenen diese bei anderen Menschen zu denunzieren. Es ließe sich zu diesem Komplex noch vieles schreiben, wichtiger jedoch ist der Blick auf die Alternativen.
Die Leeraner SPD hat sich erfreulicherweise für Jochen Kruse entschieden, ein Mann, der in der Vergangenheit durchaus bewiesen hat, dass er einen eigenen Kopf hat und sich nicht zwangsläufig der Partei- oder Fraktionsräson unterwirft. Das ist nicht unwichtig, da diese Haltung bei den Leeraner Sozialdemokraten bisweilen unterrepräsentiert scheint.
Auch die FDP ist bereits vorgeprescht und hat etwas überraschend ihren bisherigen Kreisvorsitzenden Sven Dirksen als Kandidaten präsentiert. Dirksen wird viel Arbeit damit haben, sich bei den Leeranern bekannt zu machen, ist er in der Stadtpolitik doch ein weithin unbeschriebenes Blatt. Das muss durchaus kein Nachteil sein, lässt es doch vor allem auch vermuten, dass der Kandidat im Wesentlichen unvorbelastet von den Leeraner Netzwerken an die Aufgabe herangehen könnte.
AWG-Chef Gerd Koch hat ebenfalls bereits vor längerer Zeit angekündigt, im Falle einer erneuten Kandidatur Kellners, seinen Erzfeind noch einmal ärgern zu wollen. Sollte er Wort halten, wird es spannend sein, zu sehen, wie viele Stimmen bei einer geheimen Wahl der öffentlich meist als persona non grata gehandelte Koch dieses Mal einheimsen kann.
Grüne und CDU halten sich bisher bedeckt, es wäre wünschenswert, dass beide Parteien, die sich seit der letzten Kommunalwahl im Stadtrat erfreulich kooperativ zeigen, schon bald aus der Deckung kommen und einen eigenen Kandidaten präsentieren. Je mehr Alternativen zum Amtsinhaber, desto besser, die Leeraner haben eine breite Auswahl verdient.
Auch Paradiesvögel wie Pfahlsitzweltmeister Kümmerlehn oder politisch nicht gebundene Bürger wie der frühere Anzeigenberater Heinz Prinz werden vermutlich am Start sein, und das ist auch gut so. Überhaupt wäre zu wünschen, dass viel mehr Menschen ohne Polit-Hintergrund sich zu einer solchen Kandidatur entschließen könnten. Zwar braucht auch ein Bürgermeister politisches Geschick, doch ist er letztlich Chef der Verwaltung und erster Diener der Bürger, eine allzu enge Verstrickung mit den politischen Parteien ist da bisweilen eher hinderlich.
So bleibt zu hoffen, dass die Leeraner im Mai 2014 mit ihrer demokratischen Stimme dafür sorgen, dass die Monarchie in Leer endlich abgeschafft wird und man in der Stadt wieder öfter freundlich und konstruktiv miteinander statt übel übereinander redet. Denn es geht um Leer, nicht um die Eitelkeiten einzelner!
Update 1.12.13: Heinz Prinz hat lt. SonntagsReport aus gesundheitlichen Gründen seine Kandidatur zurück gezogen.