Posts ‘Erziehung’
Kinder auf dem Gallimarkt – Kleine Meldung, wichtiger Hintergrund
Samstag, 11UTC9 11. September 2010
Es war nur eine kleine Zeitungsmeldung heute, aber manchmal steckt ja genau darin ganz viel Wahrheit und Erkenntnis. Da fühlt sich der Leeraner Bürgermeister genötigt, explizit darauf hinzuweisen, dass die Leeraner Bürger beim Besuch des Gallimarktes am späten Abend ihre Kinder nicht mitnehmen sollten.
Nun kommt Wolfgang Kellner in diesem Blog ja meist nicht so gut weg, doch hier muss man sagen: der Mann spricht wahr. Es sei, so seine Aussage, eine besorgniserregende Tendenz zu erkennen, dass immer mehr Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter spät abends noch auf dem Markt herumlaufen, zum Teil alleine, weil ihre Eltern längst erheblich dem Alkohol zugesprochen und den Nachwuchs ausgeblendet haben.
Diese Erkenntnis deckt sich mit vielen anderen ähnlichen Beobachtungen quer durch die Republik, bei denen es ganz normal zu sein scheint, Kinder unter zehn Jahren abends einfach mitzuschleppen, wenn Papa und Mama feiern gehen wollen. Dabei ist es egal, ob das der Jahrmarkt ist oder, wie im letzten Jahr vom Verfasser selbst gesehen, ein Konzert der „Toten Hosen“ mit dem entsprechenden Geräuschpegel.
Verwahrlosungstendenzen, Unterschichtenproblem? Keineswegs. Erstaunlich oft handelt es sich bei diesen Fällen um normale Mittelschicht-Familien, denen man kaum den Vorwurf machen kann, sich nicht um ihre Kinder zu kümmern oder sonstige asoziale Tendenzen an den Tag zu legen.
Das passende Erklärungsmuster hat der Kinderpsychiater Michael Winterhoff in den letzten Jahren in seinen Büchern vorgelegt. Hier wird ganz offensichtlich dem Partnerschaftsgedanken in der Erziehung in einer Weise gefrönt, die der eigentlichen Idee nicht mehr entspricht. War es lange Zeit eine wichtige Errungenschaft, mit Teenagern nicht mehr vom hohen elterlichen Ross herab umzugehen, sondern auf Augenhöhe, so gibt es diese Tendenz in den letzten etwa fünfzehn Jahren zunehmend bereits bei Kindergarten- und Grundschulkindern. Was den Erwachsenen erlaubt ist, soll den Kindern nicht verboten sein.
In dieser Logik ist es Unterdrückung, wenn die Eltern ihrem Nachwuchs den Gallimarktsbesuch verwehren. Das Kind kann das doch selbst entscheiden. Ob nun mit fünf Jahren oder mit fünfzehn. Wie verbreitet diese Einstellung mittlerweile ist, zeigt die Tatsache, dass der Bürgermeister sich genötigt sieht, via Medien auf den Wahnsinn hinzuweisen, der hier grassiert.
Normaler Menschenverstand und elterliche Intuition sind hier jedenfalls längst baden gegangen, und es sollte sich niemand wundern, wenn die ersten Meldungen über Kinder in der Zeitung stehen, bei denen diese nicht wohlbehalten nach Hause gebracht werden konnten.